Palästina-Hilfsschiff vor Gaza gestoppt: Israel fischt Thunberg aus dem Meer
Israel hat das Gaza-Hilfsschiff „Madleen“ abgefangen. Greta Thunberg und die anderen Aktivist:innen sollen nach Hause geschickt werden.

Das Segelschiff liege mittlerweile in Israel vor Anker, erklärte das Außenministerium. Alle Passagiere seien „in Sicherheit und unbeschadet“. Sie seien mit belegten Broten und Wasser versorgt worden. „Die winzige Menge an Hilfsgütern auf der Yacht, die nicht von den ‚Promis‘ aufgebraucht wurde, wird nun über echte Hilfskanäle in den Gazastreifen gebracht“, hieß es weiter.
Die für die Fahrt der „Madleen“ verantwortliche Organisation Freedom Flotilla Coalition hatte zuvor im Messengerdienst Telegram erklärt, die israelische Armee habe das Segelschiff gegen 03.02 Uhr MESZ gestoppt und seine Besatzung „entführt“. Der Kontakt zu dem Segelschiff und seiner Besatzung sei abgebrochen.
In einem vorab aufgezeichneten Video, das die Organisation nach dem Einschreiten der israelischen Armee veröffentlichte, sagte Thunberg: „Wenn Ihr dieses Video seht, wurden wir in internationalen Gewässern abgefangen und entführt.“ Sie forderte Freunde, Familie und Unterstützer:innen auf, Druck auf die schwedische Regierung auszuüben, damit die sich für ihre Freilassung einsetze.
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Die Nachrichtenagentur AFP konnte die Besatzung ebenfalls nicht erreichen. Der in Deutschland ansässige Sprecher der Freedom Flotilla Coalition, Mahmud Abu-Odeh, sagte AFP, die Aktivisten an Bord seien anscheinend festgenommen worden.
Von Sizilien in den Nahen Osten
Das Segelschiff der sogenannten „Freedom Flotilla“ war vor einer Woche von Sizilien aus in Richtung Gazastreifen aufgebrochen. Die französisch-palästinensische EU-Abgeordnete Rima Hassan hatte dazu erklärt, die „Madleen“ solle die israelische Blockade für Hilfslieferungen „durchbrechen“, um den andauernden „Völkermord“ im Gazastreifen zu kritisieren. Am Samstag hatte das Schiff der Besatzung zufolge ägyptische Gewässer erreicht und sich auf den Weg in Richtung Gazastreifen gemacht.
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz erklärte daraufhin, er habe die Armee angewiesen, die Ankunft des Schiffs an der Küste des Gazastreifens zu verhindern. „An Greta, die Antisemitin, und ihre Begleiter, Sprachrohr der Hamas-Propaganda, sage ich klar: Dreht um, weil ihr niemals im Gazastreifen ankommen werdet“, erklärte Katz laut einer Mitteilung seines Büros.
Die Klimaaktivistin Thunberg wollte bereits Anfang Mai mit einem Schiff der „Freedom Flotilla“ in den Gazastreifen reisen. Das Schiff war jedoch auf dem Weg beschädigt worden. Aktivisten vermuteten, Israel habe das Schiff mit einer Drohne angegriffen. Thunberg hatte wiederholt an pro-palästinensischen Protesten teilgenommen.
Rima Hassan, Abgeordnete der französischen Linksaußen-Partei LFI, ist in Frankreich wegen ihrer Aussagen zum Krieg in dem Palästinensergebiet umstritten. Ihr war im Februar nach eigenen Angaben die Einreise nach Israel im Rahmen einer EU-Parlamentarierreise verweigert worden.
Der Gaza-Krieg war durch den Großangriff der Hamas und mit ihr verbündeter Kämpfer auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1.210 Menschen getötet wurden. 251 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Als Reaktion auf den Hamas-Überfall geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums bislang mehr als 54.880 Menschen getötet, die Mehrheit von ihnen Zivilisten. Die UNO betrachtet diese Zahlen als glaubwürdig.
Wegen der katastrophalen Versorgungslage in dem Palästinensergebiet steht Israel zunehmend international in der Kritik – auch in Israel wächst der Unmut über das Vorgehen der Armee in Gaza. Nach einer gut zweimonatigen Blockade aller Hilfslieferungen in den Gazastreifen arbeitet Israel mittlerweile statt mit UN-Organisationen mit der umstrittenen GHF-Stiftung zusammen, die eine Handvoll Verteilzentren im Gazastreifen betreibt. In deren Umgebung wurden in den vergangenen Tagen nach palästinensischen Angaben immer wieder für Lebensmittel anstehende Menschen getötet, teils durch Schüsse israelischer Soldaten.
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