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Milliarden für AtomkraftwerkGroßbritannien gibt Geld für weiteres AKW frei

Britische Stromkunden bezahlen den Mehrpreis des Nuklearstroms über eine Umlage – die beiden Reaktorblöcke Sizewell C sollen bis zu 40 Milliarden Pfund kosten.

Gegen alle Proteste: die Britische Regierung macht den Weg frei für den Bau des Atomkraftwerks Sizewell C in Sizewell Foto: reuters/File Photo

Berlin taz | Großbritanniens Regierung stellt 14,2 Milliarden Pfund (16,8 Milliarden Euro) für den Bau des Atomkraftwerks Sizewell C an der Küste der ostenglischen Grafschaft Suffolk bereit. Das verkündeten Energieminister Ed Miliband und Schatzkanzlerin Rachel Reeves. Betreiberfirma der neuen Anlage wird die Nuclear New Build Generation Company (NNB Generation Company Ltd.) sein, eine Tochter des französischen Versorgers EDF Energy.

Da die Investitionen sich am Markt nicht refinanzieren lassen, kommt eine sogenannte Regulated Asset Base zum Zuge. Diese garantiert den Investoren eine Kapitalrendite über die gesamte Lebensdauer. Sie wird über eine Umlage finanziert, die von den Stromkunden erhoben wird.

Die beiden Reaktoren vom Typ EPR (Europäischer Druckwasserreaktor) kommen auf eine elektrische Leistung von jeweils 1630 Megawatt und entsprechen den beiden Blöcken, die derzeit am britischen Standort Hinkley Point C aufgebaut werden. Das Projekt, dessen Baubeginn 2018 war, könnte nach Medienberichten bis zu 46 Milliarden Pfund (54 Milliarden Euro) kosten; die Anlage dürfte frühestens 2031 ans Netz gehen.

Im Januar berichtete die Financial Times, die Kosten für den Bau des Kraftwerks Sizewell C könnten ebenfalls fast 40 Milliarden Pfund erreichen. Damit hätten sich die Baukosten seit der Vorlage der Pläne im Jahr 2020 verdoppelt. Die Anlage war 2016 von einem Konsortium aus EDF Energy und China General Nuclear Power Group (CGN) angeregt worden, im Jahr 2022 jedoch stieg die britische Regierung ein, um CGN aus dem Projekt herauszunehmen.

Strom für etwa sechs Millionen Haushalte

Aktuell befindet dieses sich zu 83,5 Prozent im Besitz der britischen Regierung und zu 16,5 Prozent im Besitz von EDF. Sizewell C werde 10.000 Arbeitsplätze schaffen und Strom für etwa sechs Millionen Haushalte liefern, heißt es in der Regierung. Energieminister Miliband sagte: „Ich tue dies, weil ich davon überzeugt bin, dass der Klimawandel die größte langfristige Bedrohung für uns darstellt“.

Sizewell C sei „im Vergleich zu Alternativen im Kampf gegen den Klimawandel zu langsam und zu teuer“, warnt unterdessen die Kampagne „Stop Sizewell C“ aus den betroffenen Umlandgemeinden. Der Bau der Reaktoren werde „verheerende Auswirkungen auf diesen einzigartigen Ort“ haben.

In den vergangenen Jahrzehnten fuhr Großbritannien den Atomstrom im nationalen Mix deutlich zurück: Von 20 Prozent im Jahr 2005 sank der Anteil bis 2023 auf 12,5 Prozent. Bei den bisherigen britischen Reaktoren handelt es sich fast ausschließlich um graphitmoderierte Magnox-Reaktoren, eine Bauart, die in Deutschland nicht eingesetzt wurde. Trotz des Vorteils, dass die Anlagen Natururan nutzen, also keine Uran-Anreicherung benötigen, haben sie sich gegen die Druckwasserreaktoren, wie sie nun in Hinkley Point und Sizewell gebaut werden, nicht durchsetzen können.

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9 Kommentare

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  • Anders lässt sich der unersättliche Energiehunger der Software-Riesen nicht befriedigen. Kosten, Risiken, Haushalte? Egal. Hauptsache, Google, Meta und Co. haben Strom 24/7. Die Blackouts wird es trotzdem geben, aber bei denen, die sich nicht wehren können. Die Software-Titanen pushen Nuklear. Sie leben in einem 50er-Jahre SF-Roman. Ein bisschen klassische Bildung, und sie wüssten, dass es mit den Titanen kein gutes Ende nahm.

  • Wozu braucht man eigentlich Investoren, wenn man ihnen eine Rendite garantiert, also das gesamte Risiko selbst trägt? Die Regierung könnte das Ding also genausogut selber bauen und käme damit billiger davon.

  • Tja, auch in GB wollen Wärmepumpenheizer und Elektroautofahrer gerne durch den Winter kommen :-)



    Im Vergleich zu den Kosten der von manchen Leuten zur Überwindung des Winterlastpeaks bevorzugten Akkuspeicher sind die wenigen Milliarden für die AKW ein Schnäppchen. Ewigkeitskosten? Die fallen später an; Kosten der Akkus kurzfristig und mit nachfolgender Pleite, da unerwirtschaftbar (ich habe das anderswo schon mal überschlägig vorgerechnet).



    Dass die Kosten auf die Verbraucher und nicht auf die Steuerzahler umgelegt werden sollen, ist wenigstens ehrlich und entspricht dem Verursacherprinzip.



    Nicht, dass ich etwas für AKW übrig hätte. Aber eine "alles mit Strom"-Politik schreit eben nach AKW. Sollte mensch vielleicht mal überdenken.

  • Irgendwie beschleicht mich da eine Ahnung, dass dieses Atomkraftwerk niemals noch in Betrieb gehen wird.

  • "Da die Investitionen sich am Markt nicht refinanzieren lassen"



    Nein sowas! Böser, böser Markt!



    Aber lustig wie die Allgemeinheit mal wieder zur Kasse gebeten wird...

    • @B. Iotox:

      Frag die KI:



      "Die Kosten für die Förderung erneuerbarer Energien, die im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) finanziert werden, haben im Bundeshaushalt 2024 zu erheblichen Herausforderungen geführt. Ursprünglich war eine Haushaltsdeckung von 10,6 Milliarden Euro geplant, doch die tatsächlichen Kosten betrugen 18,49 Milliarden Euro, was zu einer Unterdeckung von 7,89 Milliarden Euro führte."

      Tendenz eher steigend, schätze ich mal so. Mal sehen, was die Zukunft bringt.

    • @B. Iotox:

      Ich hatte es bereits geschrieben, aber es ist hier nicht aufgetaucht. - Auch bei uns sind die mindestens gleich hohen Kosten für den Nettausbau nicht "über den Markt" zu finanzieren und werden auf die Strompreise aufgeschlagen.

    • @B. Iotox:

      Die Kosten in Deutschland für den Netzausbau zahlt auch nicht "der Markt". Wo ist der Unterschied?

      • @UliFr:

        Ganz einfach: der Netzausbau gehört zur kritischen Infrastruktur und muss so oder so gemacht werden (der Strom von großen Kraftwerken muss auch verteilt werden). Aber wenn private Firmen unbedingt Atomkraftwerke statt billiger Solar- oder Windparks bauen wollen, sollen sie das auf eigene Rechnung machen. Oder zumindest sollen nur die Bürger an der Finanzierung beteiligt werden, die Atomkraftwerke befürworten. Atomstrom ist schlichtweg zu teuer und kann nur mit Subventionen finanziert werden.