+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Angriff auf Geiselfreilassungs-Demo in den USA
Acht Menschen werden bei der Attacke auf Aktivisten in Colorado verletzt. Derweil weitet Israels Militär seine Bodenoffensive im Gazastreifen aus.
Generalstabschef ordnet Ausweitung der Bodenoffensive an
Israels Tuppen im Gazastreifen sollen nach dem vorläufigen Scheitern eines Waffenruheabkommens die Angriffe gegen die islamistische Hamas in dem abgeriegelten Küstengebiet forcieren. Generalstabschef Ejal Zamir habe die Ausweitung der Bodenoffensive auf weitere Gebiete angeordnet, teilte die Armee mit. Die Vermittlerstaaten Katar und Ägypten kündigten an, sich verstärkt für eine Wiederaufnahme der indirekten Gespräche zwischen den beiden Kriegsparteien über eine Feuerpause einzusetzen.
Die Hamas begrüßte diese Bemühungen und erklärte sich bereit, „unverzüglich eine Runde indirekter Verhandlungen einzuleiten, um eine Einigung über die strittigen Punkte zu erzielen“. Ziel sei ein „dauerhafter Waffenstillstand und ein vollständiger Rückzug“ der Armee. Die israelische Regierung lehnt jedoch bislang eine Waffenruhe, in der der Krieg ein endgültiges Ende findet, strikt ab.
„Wir befinden uns mitten in einer starken und unerbittlichen Operation“, sagte Israels Militärchef nach Angaben der Armee bei einem Truppenbesuch im Süden des umkämpften Küstengebiets. Die Offensive solle so lange laufen, bis „die Voraussetzungen für die Rückkehr der Geiseln und die entscheidende Niederlage der Hamas geschaffen sind“, hieß es. Die Terrororganisation verliere inzwischen die Kontrolle über den Gazastreifen. Details nannte Zamir nicht.
Bereits zuvor erklärte der israelische Verteidigungsminister Israel Katz, die Armee angewiesen zu haben, im Gazastreifen weiter vorzurücken sowie alle erklärten Kriegsziele zu erreichen, „unabhängig von jeglichen Verhandlungen“.
Zuletzt hatten sich die Hoffnungen auf eine Waffenruhe vorerst zerschlagen. Zwar stimmte die Hamas in ihrer Antwort auf einen Vorschlag des US-Vermittlers Steve Witkoff einer 60-tägigen Feuerpause sowie der Freilassung einiger der von ihr weiterhin festgehaltenen Geiseln zu, stellte aber weitere Bedingungen. Man wolle die Standpunkte beider Kriegsparteien einander näher bringen und strittige Punkte klären, hieß es in einer Stellungnahme der in dem Konflikt ebenfalls vermittelnden arabischen Staaten Katar und Ägypten. (dpa)
Angriff auf Demonstration im US-amerikanischen Colorado
Knapp zwei Wochen nach dem tödlichen Angriff vor dem Jüdischen Museum in Washington ist es in den USA erneut zu einer Gewalttat gegen Juden gekommen. Bei einem Angriff auf eine „friedliche Kundgebung“ jüdischer Aktivisten in Boulder im US-Bundesstaat Colorado wurden acht Menschen im Alter zwischen 67 und 88 Jahren teils schwer verletzt. Das FBI eröffnete die Ermittlungen wegen eines „gezielten Terroranschlags“. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich demnach um einen 45-jährigen Mann.
Der jüdischen Organisation Anti-Defamation League zufolge richtete sich der Angriff gegen die Teilnehmer der Veranstaltung „Boulder Run for Their Lives“. Die Demonstrierenden wollten demnach bei der wöchentlich stattfindenden Kundgebung auf das Schicksal der Hamas-Geiseln im Gazastreifen aufmerksam machen.
Das FBI bestätigte, dass sich der Angriff „bei einer regelmäßig stattfindenden wöchentlichen friedlichen Veranstaltung“ ereignet habe. Der Polizei zufolge ereignete sich der Angriff kurz vor 13.30 Uhr Ortszeit im Zentrum von Boulder. Das FBI identifizierte den mutmaßlichen Täter als den 45-jährigen Mohamed Sabry Soliman, gab aber zunächst keine weiteren Einzelheiten über ihn bekannt. Laut US-Präsident Donald Trump soll er sich illegal im Land aufgehalten haben. Der Vize-Stabschef des Weißen Hauses, Stephen Miller, teilte derweil bei X mit, dass es sich bei dem Mann um einen ausländischen Staatsangehörigen handele, dessen Visum abgelaufen sei.
Lokale Medien berichteten unter Berufung auf Augenzeugen, dass ein verdächtiger Mann eine Art selbstgebastelten Molotowcocktail auf Teilnehmer einer Gruppe geworfen habe. In einer Aufnahme von dem Angriff ist ein Mann ohne Hemd zu sehen, der durchsichtige Flaschen in den Händen hält, während das vor ihm befindliche Gras in Flammen steht. In dem Video ist zudem zu hören, wie er Slogans wie „Schluss mit den Zionisten“, „Free Palestine“ und „Sie sind Mörder“ skandiert.
Die Tat in Boulder ereignete sich nur knapp zwei Wochen nach einem tödlichen Angriff vor dem Jüdischen Museum in Washington. (afp)
Merz telefoniert mit Netanjahu
Bundeskanzler Friedrich Merz hat bei Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf eine stärkere Nothilfe für die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen gedrungen. Es sei dringend erforderlich, umgehend ausreichend humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen und deren sichere Verteilung zu gewährleisten, teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius nach einem Telefonat von Merz und Netanjahu mit.
Der Bundeskanzler unterstrich demnach, dass die Sicherheit und das Existenzrecht Israels Teil deutscher Staatsräson sind. Er verurteilte den Terror der Hamas. Diese müsse alle Geiseln freilassen und die Waffen niederlegen. Er drückte seine Hoffnung aus, dass es bald eine Einigung über eine Geiselfreilassung und einen Waffenstillstand geben wird. Merz bekräftigte den Angaben zufolge, dass die Bundesregierung weiterhin eine verhandelte Zweistaatenlösung als beste Chance betrachtet, Israelis und Palästinensern ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen.
Merz hatte zuletzt den Tonfall gegenüber der israelischen Regierung verschärft. Aus seiner Sicht und der von Außenminister Johann Wadephul hat Israel die Zusage nicht eingehalten, ab dem 25. Mai die Versorgung der palästinensischen Zivilbevölkerung durch den neuen israelisch-amerikanischen Verteilweg zu sichern. (dpa)
🐾 Echte Hungerhilfe geht anders
Die Palästinenser im Gazastreifen sind zu hundert Prozent von akutem Hunger bedroht. Israel nutzt minimalistische Hilfe indes als Machtinstrument, kommentiert taz-Redakteur Dominic Johnson.
Greta Thunberg will mit Aktivisten nach Gaza segeln
Israel will nach eigenen Angaben mit Hilfe des neuen Systems verhindern, dass die Hamas humanitäre Hilfe für sich abzweigt. Die UN sagen, Israel habe keine Beweise dafür vorgelegt, dass die Hamas Hilfsgüter abfängt. Augenzeugen haben jedoch in der Vergangenheit mehrfach bestätigt, Hamas-Kämpfer hätten Hilfslieferungen gekapert. Derweil wollen Aktivisten, darunter auch die Schwedin Greta Thunberg, mit einem Segelschiff Hilfsgüter nach Gaza bringen.
Das Schiff „Madleen“ habe in der sizilianischen Stadt Catania abgelegt, bestätigte eine Sprecherin des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition. Die Aktivisten wollen nach eigenen Angaben „Israels illegale Belagerung“ durchbrechen und „humanitäre Hilfe, Hoffnung und Solidarität nach Gaza“ bringen. Mit ihrer Aktion will die Gruppe nach eigenen Angaben zugleich internationale Aufmerksamkeit auf die humanitäre Notlage in Gaza lenken. (dpa)
Was passierte am Wochenende nahe einem GHF-Center?
Die Hamas hatte am Wochenende behauptet, dass bei israelischen Angriffen 30 Menschen an Verteilungszentren für humanitäre Hilfsgüter getötet worden seien. Dutzende weitere seien verletzt. Unabhängig überprüfen lässt sich das nicht. Die israelische Armee dementierte die Angaben der Terrororganisation.
Eine vorläufige Untersuchung habe ergeben, dass das Militär „nicht auf Zivilisten geschossen hat, während diese sich in der Nähe oder innerhalb des Verteilungszentrums für humanitäre Hilfe aufhielten, und dass die Berichte entsprechend falsch sind“, hieß es am Sonntagabend. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hatte erklärt, 179 Menschen seien zum Feldhospital in Rafah im Süden gebracht worden, die meisten mit Schuss- und Splitterwunden. Es gebe 21 Tote. Die Überlebenden hätten gesagt, sie seien beim Versuch, eine Ausgabestelle für Hilfsgüter zu erreichen, verletzt worden.
Die Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die über die Zentren Mahlzeiten verteilt, erklärte hingegen: „Unsere Hilfe wurde heute ohne Zwischenfall verteilt“. Und weiter: „Uns sind Gerüchte bekannt, die aktiv von der Hamas verbreitet werden und angebliche Todesfälle und Verletzungen am heutigen Tag betreffen“, hieß es. „Diese sind unwahr und frei erfunden.“
Israel ermöglicht der Stiftung die Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen, um auf diese Weise Hilfsorganisationen der UN und anderer Initiativen zu umgehen. Die UN haben dies kritisiert und Israel vorgeworfen, humanitäre Hilfe als Waffe einzusetzen. Israel hatte nach fast drei Monaten Blockade wieder Hilfslieferungen an die hungernde Bevölkerung in begrenztem Umfang erlaubt. (dpa)
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